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Industrie in der Region erhalten heißt auch: Kaufkraft sichern

06.03.2017 I Düsseldorf, 6. März 2017: Wirtschaftsminister Geralt Duin und Staatssekretär Schäffer empfingen heute 40 Delegierte der IG Metall aus Mülheim, Essen und Oberhausen. Beteiligt waren Betriebsräten aus Industrie- und Handwerksbetrieben. IG Metall und Betriebsräte fordern von der Landesregierung Perspektiven, um den Stellenabbau im industriellen Sektor zu stoppen.

Die Situation beschreiben die Betriebsräte als dramatische Deindustrialisierung, die zurzeit in Mülheim, Essen und Oberhausen stattfindet. Der rasante Abbau hochbezahlter Industriearbeitsplätze kann durch den Stellenaufbau im Dienstleistungsbereich nicht kompensiert werden. Ein enormer Kaufkraftverlust wird die Folge sein, warnt die IG Metall im Gespräch.

IG Metall Delegierte zu Gast im Arbeitsministerium NRW

In allen drei Städten schlagen Betriebsräte Alarm und beschäftigen sich zurzeit maßgeblich mit Interessenausgleich und Sozialplan. So sind unter anderem folgende Arbeitsplätze in Gefahr bzw. wurden bereits abgebaut:

Mülheim: Mannesmann-Grobblech wurden 183 Arbeitsplätze abgebaut, Friedrich-Wilhelmshütte, 146 Arbeitsplätze wurden wegen fehlender Aufträge im Öl- und Gasgeschäft reduziert, Siemens: 146 Arbeitsplätze stehen im Generatorenbau auf der streichliste, trotz eines Großauftrags aus Ägypten. Bei Vallourec soll die Ausbildung von Mülheim nach Düsseldorf verlagert werden, über 50 Ausbildungsplätze sind betroffen.

Essen: Bei Kenametal will der Arbeitgeber die Hartmetall-Produktion auslagern. 62 Stellen aktuell betroffen. Bei einem weiteren Mittelständler sind 25% der Arbeitnehmer in einem Leiharbeitsverhältnis oder durch Werkvertrag beschäftigt, die Bezahlung liegt unter denen der Stammbelegschaft. Im Kfz-Handwerk befürchten die Betriebsräte einen Stellenabbau durch die zunehmende E-Mobilität Arbeitsplätze. Die Inspektion bei einem E-Auto beträgt keine 30 Minuten mehr.

Oberhausen: Innerhalb der Babcock-Gesellschaften sind 150 Mitarbeiter durch Zusammenschlüsse und 134 Arbeitsplätze durch fehlende Auslastung gefährdet. Bei MAN-Diesel SE wurden bereits in 2014 über 200 Arbeitsplätze abgebaut.

Aufgrund so massiver Streichlisten sind IG Metall und der Betriebsräte an die Landesregierung herangetreten, um die Arbeitsplätze in den bestehenden Industriestrukturen zu sichern. Diskutiert wurden Maßnahmen wie eine längere Kurzarbeit bei schwacher Auslastung sowie Unterstützung bei der Entwicklung neuer Produkte. Auch das Thema Bildung für die Bewältigung der zunehmenden Digitalisierung wurde gefordert.

Landeswirtschaftsminister Duin diskutiert mit Gewerkschaftern

Wirtschaftsminister Duin hatte die IG Metall und Betriebsräte zu dem Gespräch nach Düsseldorf eingeladen. Duin verweist auf die industriepolitischen Leitlinien, die das Land bereits im letzten Jahr verfasst und diskutiert hat. In den nächsten Jahren wird das Land so viel Geld wie noch nie in die Erneuerung der Streckennetze und den Straßenbau ausgeben. Die Industrie soll in NRW ideale Rahmenbedingungen für ihre Standorte erhalten. Duin verwies auch auf die Nachbarstaaten als Handelspartner, die aus NRW mehr Güter importieren als China oder Fernost. Diese Beziehungen pflege die Landesregierung zurzeit besonders, weil sie zum Arbeitsplatzerhalt in NRW beitragen.

Bei der Energiewende sieht Duin weiteren Handlungsbedarf. Bis zur Abschaltung der Kernenergie sind auch in NRW noch Hausaufgaben zu erfüllen. Ohne die Ertüchtigung der konventionellen Kraftwerke wird die Energieversorgung im Mix zwischen konventioneller und alternativer Energien nicht gelingen. Doch unter den Problemen der zurückhaltenden Erneuerung im Kraftwerksbereich leiden die Arbeitnehmer im Energieanlagenbau besonders. Sind die Arbeitsplätze erst abgebaut, dann fehlen später zur Erneuerung die Fachkräfte, mahnten die Gewerkschafter.

Dr. Scheffer, Arbeitsministerium NRW, legt einen Schwerpunkt auf die Bildung. Die Verlagerung der Ausbildungswerkstatt bei Valorec will er teilweise durch ein Bündnis mit Betrieben unter Einbeziehung der Stadt kompensieren. Das sei, so gestand er ein, eine Rückschlag für die Region. NRW sei Vorreiter bei der Weiterentwicklung der dualen Ausbildung. Es sei dem Minister wichtig, die Ausbildung so zu gestalten, dass auch die Arbeitnehmer nach der Berufsausbildung umgehend integriert werden können.

Der Austausch zwischen Landesregierung, IG Metall und den Betriebsräten wird von beiden Seiten als wichtig und konstruktiv bewertet. Eine Fortsetzung im Mai nach Muttertag, gleichzeitig Wahltermin in NRW, ist vorgesehen.

Bericht und Fotos: Alfons Rüther, IG Metall Essen