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Transformationsprozess gestalten

Mitbestimmung und Tarifverträge in digitalisierter Arbeitswelt sichern

20.11.2018 I Der IG Metall Ortsvorstand Mülheim-Essen-Oberhausen (MEO) will sowohl die betriebliche Mitbestimmung als auch die Tarifbindung dem Industrie 4.0 Standard anpassen. Das ehrenamtliche Leitungsgremium der IG Metall erarbeitet Ideen in einer Klausurtagung, wie sich bei dem Transformationsprozess zur Digitalisierung die sozialen Standards sichern lassen.

Denn eines ist der IG Metall vor Ort bewusst, die Digitalisierung verändert unsere Arbeit, Arbeitsplätze und die Arbeitsabläufe. Die Mitbestimmung und die tariflichen Standards sind dem Wandel anzupassen, sonst wird sich durch den Wandel der Einfluss von Gewerkschaften verringern.

Genau dieser Herausforderung stellt sich der IG Metall Ortsvorstand Mülheim-Essen-Oberhausen (MEO). In einer Klausurtagung in Moers am 15. Und 16. November wurde ein erstes Konzept entwickelt. Ziel ist, in der Region einerseits die Herausforderung des Wandels in der Arbeitswelt anzunehmen und andererseits soziale Standards und Gestaltungsmöglichkeiten zu sichern.

Der Veränderungsprozess beschleunigt sich rasant, erklärt Jörg Schlüter, Bevollmächtigter der IG Metall MEO, weil Computer selbstlernend arbeiten und Beschäftigte bald selbstverständlich mit Maschinen zusammenarbeiten. „Die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen wird für Betriebsräte und Gewerkschaften eine Herausforderung, um soziale Standards wie die Mitbestimmung und Tarifverträge zu sichern, denn Maschinen kennen keinen Feierabend, Pause oder gar Krankheit,“ so Schlüter.

Schlüter fordert die Betriebsräte auf, sich einzumischen. „Die Digitalisierung schreitet voran und nur durch aktive Begleitung des Strukturwandels werden wir Mitbestimmung und tarifliche Vereinbarungen sichern.“

Schlüter erklärt im Video, welche Unterstützung die IG Metall den Betriebsräten bietet. „Wichtig ist,“ so Schlüter, „dass Betriebsräte die Veränderungen in den Betrieben aktiv begleiten. Die IG Metall bietet dazu in einem Projekt –Arbeit 2020-Unterstützung an, unter anderem auch durch externe Berater.“

Patrick Loos, IG Metall Bezirk NRW, erklärt das Projekt und wie Betriebsräte ihre Betriebslandkarte erarbeiten

In fünf Themenbereichen hat sich der Ortsvorstand, das lokale Leitungsgremium der IG Metall MEO, mit den Auswirkungen des Transformationsprozesses befasst. Die Arbeitsergebnisse beschreiben auszugsweise Szenarien, mit denen jetzt in den Betrieben notwendige Handlungsfelder bearbeitet werden sollen.

Die Mitglieder im Ortsvorstand beschreiben die Themenfelder und den Handlungsbedarf

Zum Sondermaschinenbau

Die Arbeitsgruppe „Sondermaschinenbau“ erkennt Chancen, denn der Bedarf an Sondermaschinen wird steigen und die Digitalisierung wird besserer Marktchancen bringen. Allerdings werden die Anforderungen an die Arbeitnehmer wachsen und die Suche nach Fachkräften immer aufwändiger.

Zu Verwaltungsaufgaben:

Die Arbeitsgruppe mit dem Thema „Verwaltungsaufgaben“ beschreibt ein kritisches Szenario für die künftigen Arbeitsabläufe. Durch Digitalisierungen werden immer mehr Prozesse standardisiert und selbstlernende Programme werden viele Aufgaben übernehmen. Die Zahl der Arbeitsplätze wird rückläufig sein und bei den verbleibenden Arbeitnehmern werden die Anforderungen steigen. Einerseits ist betriebliche Weiterbildung notwendig, um Arbeitsplätze zu sichern. Andrerseits werden soziale Standards zur Sicherung von Beschäftigung benötigt, um Arbeitnehmer vor Arbeitsplatzverlust zu schützen.

Zum Kraftwerksbau

Der klassische Kraftwerksbau in der Region ist aus Sicht der Arbeitsgruppe besonders betroffen. Gerade in MEO sind viele Arbeitnehmer in großen Firmen beschäftigt, wo viele Arbeitsplätze zu sichern sind. Energie wird immer dezentraler hergestellt, so dass große Anlagen immer weniger angefragt werden. Ein schneller Wandel zu den Anforderungen der Zukunft ist notwendig. Die Energiewende biete Chancen, welche in der Region genutzt werden sollen. Komplexerer Berufsbilder wird es geben, weil kleinere Anlagen und unterschiedliche Energiegewinnung zu weiterer Differenzierung führen. Einfache Hilfstätigkeiten werden verschwinden. Betriebliche Weiterbildung, Umqualifizierung auf neue Berufsbilder und der soziale Schutz älterer Beschäftigte sind notwendig.

Zur Entwicklung von Berufsbildern

Die Kauffrau wird sich in Richtung Informatiker weiter entwickeln und der Mechaniker zum Mechatroniker, denn ohne Notebook keine Fehleranalyse. Mehr Engagement ist in der Zukunft gefragt, schneller die Chancen in der geänderten Berufslandschaft durch geeignete Ausbildung zu begleiten. Die Neugestaltung von Berufsbildern wird in immer kürzeren Abständen notwendig sein.

Zur Entwicklung von Stahl:

Stahl wird in 2030 noch in der Region produziert und verarbeitet, doch der Wettbewerbsdruck wird steigen. Auch beim Stahl verändern sich die Arbeitsprozesse immer schneller und die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen wird zunehmen. Das geht aus Sicht der Arbeitsgruppe zu Lasten einfacher Tätigkeiten, die zunehmend automatisiert werden. Maschinen lernen untereinander und werden diesen Teil übernehmen. Der Arbeitsmarkt wird sich teilen, in Menschen mit geringen Perspektiven und Fachkräfte, die zwischen mehreren Stellen wählen können. Betriebliche Weiterbildung, soziale Sicherungen und die Qualifizierung von Beschäftigten werden notwendig, um die Aufgaben in der Zukunft zu meistern. Die Bezahlung nach heutigen Tarifstandards wird zur Herausforderung in den Betrieben. Leiharbeit degradiert Beschäftigte, denn Leiharbeitnehmer werden zu oft als Lückenstopfer verwendet, ohne sie in den betrieblichen Weiterbildungsprozess zu integrieren.

Bericht und Fotocollage: Alfons Rüther, IG Metall Essen